Sänger aus Weroth beim Deutschen Chorwettbewerb auf Platz 5
Erfahrungsbericht von Johannes Hannappel, Sprecher der „Frohen Stunde“
„Man darf sich schon zur Elite zählen, wenn man es bis ins Finale geschafft hat“ formulierte es Hans Willi Hefekäuser, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände und Vizepräsident des Deutschen Musikrates in seinem Grußwort im Programmheft zum 8. Deutschen Chorwettbewerb. Kulturstaatsminister Bernd Naumann gratulierte deshalb an gleicher Stelle den teilnehmenden Chören und ihren Chorleitern, zu ihrer Teilnahme: „Schon das ist eine besondere Auszeichnung!“ Vor diesem Hintergrund bedeutete für uns 47 Sänger aus der 650 Seelengemeinde Weroth im Westerwald (Chorverband Unterwesterwald) und unseren Chorleiter Jens Röth bereits die Zulassung zum Deutschen Chorwettbewerb gleichermaßen die Erfüllung eines Traumes, wie auch die Bestätigung jahrelanger intensiver Probenarbeit. Angesichts der zumindest zahlenmäßig übermächtigen Konkurrenz in der Kategorie C 2 (Männerchöre über 41 Sänger) galt dann aber für den im olympischen Turnus stattfindenden Wettbewerb selbst der entsprechende Gedanke: „Dabei sein ist alles.“
Auch wenn man also die Dinge vermeintlich unbeschwert angehen konnte, ließ sich, spätestens am Morgen des Wettbewerbstages bei der Stellprobe auf der Bühne des Orchesterzentrums Nordrhein-Westfalen in Dortmund (pünktlich 10.00 Uhr), eine ungewöhnliche Anspannung nicht mehr leugnen. Die professionellen Rahmenbedingungen dieses in Deutschland einmaligen „Chorgipfels“, wie Prof. Martin Maria Krüger, der Präsident des Deutschen Musikrates, den Deutschen Chorwettbewerb nannte, nötigten nun auch uns, einem durchaus Wettbewerbs erfahrenen Verein, eine gewisse Ehrfurcht ab.
Da bis zu unserem Auftritt (16.35 Uhr) noch einige Stunden verblieben, hatten wir uns im Vorfeld bereits dazu entschlossen, unseren „Anhang“ und weitere Fans, die nur zum Wettbewerb selbst angereist waren, in Dortmund zu belassen und in unser Hotel nach Bochum zurückzukehren.
Der Rest des Tages lief dann – wie häufig bei außergewöhnlichen Ereignissen – fast wie im Film ab: Nach dem Mittagessen und einer kurzen Ruhephase treffen wir uns zu einer letzten Besprechung und kurzen Stimmübungen. Gegen 14.30 Uhr verlassen wir unsere Unterkunft und sind ca. 15.00 Uhr vor Ort. Die Spannung steigt. Im Foyer des Orchesterzentrums und davor wimmelt es von Menschen. Der Wettbewerb läuft bereits seit 14.00 Uhr. Kommentare fliegen durch die Luft: „Die Luft ist zum Ersticken“; „die Akustik ist staubtrocken“ usw. Nach dem 4. Wettbewerbsteilnehmer kurze Pause. Die Türen werden aufgerissen. Die Lüftung versucht ihr Möglichstes. Viele Kommentare. Sänger, die es „hinter sich haben“. Chorleiter im Publikum. Dazwischen besorgte Mienen der mitgereisten Fans, oder doch nur freudige Erwartung?. Die Spannung steigt weiter.
15.50 Uhr. Wir melden uns – wie vorgeschrieben – am Seiteneingang des Hauses mit allen Sängern. Eine Teilnehmerliste mit den Namen der Sänger wechselt unterschrieben in die Hände des Veranstalters. Bezug der Garderobe. Ende der Pause. Auftritt des nächsten Chores. Die Saaltüren werden geschlossen. Übertragung des Geschehens auf Bildschirme im Flur. Die Spannung steigt noch einmal.
Bezug des Einsingeraumes; Einsingezeit 17 Minuten. Letzte Absprachen. Blicke zur Tür. Wann werden wir endlich abgeholt. Kleine Scherze finden wenig dankbares Publikum. Die Spannung wird jetzt greifbar. Die Tür öffnet sich. „Sie können“. Die Bässe zuerst. 16.35 Uhr. Wir betreten die Bühne. Der Raum ist zum Bersten gefüllt. Der 1. Akkord steht. Die Akustik ist trocken aber nicht anders, als bei der Stellprobe. Wir können musizieren; die Spannung tut gut, beflügelt die Stimme ......Der letzte Akkord steht. Das Publikum applaudiert, lang anhaltend, dankbar. Die Spannung ist wie weggeblasen. Wir durften einmal dabei sein. Danach nur noch Glücksgefühle. So oder ähnlich werden es - wie ich - viele erlebt haben.
Der Deutsche Chorwettbewerb 2010 ging mit zwei fulminanten Preisträgerkonzerten zwei Tage später zu Ende. Zuvor hatte der Gesamtvorsitzende der Jury und des Projektbeirats, Jürgen Budday, rund 5.000 gespannten Sängerinnen und Sängern auf dem Platz von Amiens in Dortmund die Endergebnisse mitgeteilt. Unter ihnen auch den 47 Sängern der „Frohen Stunde“ mit ihrem Chorleiter Jens Röth und den mitgereisten Fans. Tatsächlich konnte man mit dem MGV „Frohsinn“ Baiertal und dem Saarknappenchor die Vertreter Baden-Württembergs und des Saarlandes hinter sich lassen. Mit dem fünften Platz war die „Frohe Stunde“ nicht nur dabei, sondern darf sich auch angesichts der Bewertung (Einzelheiten im Internet unter www.musikrat.de) mit Fug und Recht zu den zur Zeit führenden deutschen Männerchören rechnen. Bedenkt man dabei die gewachsene Struktur der „Frohen Stunde“ (reiner Laienchor; 41 Sänger wohnen in Weroth; 3 Sänger haben verwandtschaftliche, drei freundschaftliche Bindungen an den Chor; Durchschnittsalter 53) kann man die Leistung unseres Chorleiters Jens Röth gar nicht hoch genug einstufen.