Wettbewerb Jessica Burggraf triumphiert mit Chören aus Staudt und Wallmerod – Auszeichnungen für Dirigentin
Das Rezept klingt simpel. „Ich habe meinen Chören mit auf den Weg gegeben, sie sollen so sein, als ob wir nur für uns singen“, sagt Jessica Burggraf. „Alles andere sollten sie einfach ausblenden.“ Die Formel der US-Amerikanerin, die in Staudt heimisch geworden ist und seitdem die Chorszene im südlichen Westerwald bereichert, ist voll aufgegangen. Beim Volksliederwettbewerb im Rahmen der Chortage des badischen Meisterchors Liederkranz Neudorf stellte sich Burggraf mit ihren beiden Frauenensembles, den Singsations Wallmerod und den Choryfeen Staudt, in zwei Konkurrenzen der Jury. Jeweils mit großem Erfolg.
Beide Chöre, sowohl die Singsations (Wettbewerb bis 39 Stimmen) als auch die Choryfeen (Wettbewerb ab 40 Stimmen) erreichten mit ihren Wertungen (23,83 beziehungsweise 23,58 Punkte) das Golddiplom. Zudem gab’s für die jungen Singsations den Tagessieg bei den Frauenchören und für Jessica Burggraf obendrein den Dirigentenpreis in beiden Gruppen. Mehr geht nicht. „Wenn man zu einem Wettbewerb fährt, weiß man nie, was genau man erwarten kann“, sagt Burggraf. „Direkt nach unseren Auftritten waren alle zufrieden. Alle hatten ihr Bestes gegeben.“ Darauf, so die Dirigentin, komme es an. „Es wird immer irgendwo Chöre geben, die besser sind. Aber man muss in diesen zehn, zwölf Minuten alles zeigen, was man in diesem Moment zeigen kann.“ Das sei in Neudorf bei beiden Frauenchören der Fall gewesen, darum sei sie so zufrieden.
Die Voraussetzungen, mit denen Burggrafs Chöre nach gemeinsamer Anreise ins Badische auf die Bühne gingen, waren denkbar unterschiedlich. Die Singsations sind ein kleines Ensemble mit 25 Stimmen, das aus sehr jungen, talentierten und äußerst zielstrebigen Frauen besteht, die trotz des jugendlichen Alters bereits über einige Erfahrung verfügen. In Neudorf bestritten sie ihren dritten Chorwettbewerb, gewonnen haben sie aber zum ersten Mal. „Ich glaube, sie waren einfach bereit für den Sieg“, fühlte sich die Chorleiterin bestätigt, als die Jury „ihren Mädchen“ für „Dat du min Leevsten büst“, „Zum Tanze da geht ein Mädel“ und „My Soul’s been anchored in the Lord“ die höchsten Wertungen verkündete.
Bei den Choryfeen mit ihren 55 Sängerinnen war Neudorf eine Premiere. Im sechsten Jahr ihres Bestehens traten sie erstmals in Konkurrenz zu anderen Chören. „Sie waren bereit zu zeigen, was sie können“, beschreibt Burggraf das, was sie in dem Chor aus ihrem neuen Heimatort sieht. Was hinter den Choryfeen lag, ehe sie Richtung Baden aufbrechen konnten, war vor allem eines: ganz viel Arbeit. „Ich habe versucht, die Frauen auf das vorzubereiten, was sie erwarten wird“, sagt Burggraf. „Sie sollten nicht unter dem Druck zusammenbrechen, sondern sich in dieser Situation voll entfalten, um noch intensiver und mit mehr Spannung zu singen.“ Nicht nur die Situation war neu, auch das Repertoire, mit dem die Choryfeen in den Wettbewerb gingen, hob sich mit den Stücken „Weit, weit weg“, „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ und „Will the Circle be unbroken“ deutlich von der bisher von Pop und Gospel geprägten Literatur ab. „Wir mussten vierstimmig singen, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein“, erklärt die Dirigentin, die in der Teilnahme an diesem Wettbewerb einen großen Schritt für dem Chor sieht. „Das war ein Sprungbrett, das die Choryfeen auf ein höheres Niveau befördert hat.“
Sehr bescheiden geht die studierte Musikerin indes mit ihrem persönlichen Erfolg um, dem Dirigentenpreis. „Ich sehe das als Bestätigung dafür, dass das, was ich mache, in die richtige Richtung geht“, sagt Jessica Burggraf. Ein solcher Preis, zusammen mit den Goldmedaillen für beide Chöre, zeige auch, dass es bei allem, was man fordert, darum geht, die Sängerinnen zu fördern, auch wenn dabei „manchmal auch die Peitsche notwendig“ sei. „Ich wünsche mir einfach, dass jede einzelne Sängerin im Chor erkennt, wofür sie das macht. Das ist ein Lohn, den ich als Chorleiterin nicht geben kann, und eine Auszeichnung, die das Vertrauen ineinander noch mehr stärkt.“ Es scheint, als könne auch ein simples Rezept sehr viel bewirken.