Das 44. Meisterchorsingen 2016 im Kulturwerk Wissen war ein Festival der Stimmen und der guten Laune. Bereits am Vormittag begann ein beschwingtes Chorfestival mit „Let’s SING!“, dem Pop- und Jazz-Leistungssingen.
„Keine Spur vom Chorsterben“, titelte eine Tageszeitung aus der Region Altenkirchen und machte damit im Wesentlichen den Tenor des Chorverbandes Rheinland-Pfalz deutlich. „Allerorten wird von einem Chorsterben gesprochen, aber das stimmt so nicht“, stellt Karl Wolff, der Präsident des Chorverbandes klar. „Richtiger ist vielmehr, dass — wie alles — auch die Chorlandschaft in Rheinland-Pfalz einem Wandel unterliegt. Für jeden Chor, der sich von der Bühne verabschiedet, kommt ein neuer Chor hinzu. Im letzten Jahr standen 200 scheidenden Chören in Rheinland-Pfalz 250 neue Chöre gegenüber. Insbesondere Chöre müssen mehr ‚Marketing in eigener Sache‘ betreiben. So kann ich beispielsweise nicht gegen einen bestehenden Markt ansingen, wenn ich Zulauf haben möchte. Die Chöre müssen schauen und in Erfahrung bringen, was die potenzielle ‚Kundschaft‘ möchte und eben entsprechende Angebote bereitstellen. Das bedeutet: Chorsingen kann kein Selbstzweck sein, wenn man als Chor bestehen will. Die Angebote, an allererster Stelle die Chorliteratur, müssen sich den Gegebenheiten des Marktes anpassen. Sie müssen für die Menschen heute interessant und spannend sein, kurz: sie müssen Spaß machen und zum Mitsingen — Mitmachen im besten Sinne — animieren“, ist Wolff überzeugt. „Dann wird das Chorsingen auch weiterhin attraktiv bleiben und solche Chöre, die das ‚Marketing‘ über Literaturauswahl und hohe Qualität beherrschen, werden immer ihr Publikum, ihre Sängerinnen und ihre Sänger finden.“
So auch der „Männerchor Plaidt“, der das Meisterchorsingen 2016 mit Bravour absolvierte. Viermal die Note „sehr gut“ und die beste Punktwertung des Tages gab es für die Männer aus der Vordereifel. „Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hatten wir so gerade noch 22 Sänger. Wir haben die Situation für uns analysiert und Veränderungen herbeigeführt“, erläutert Vorstandsmitglied Carsten Müller. „Der Vorstand begann dann damit, neue Strukturen der Vorstandsarbeit zu entwickeln. Klar gegliederte Aufgabenstellungen nach Art einer Stellenbeschreibung, wie sie in der Wirtschaft üblich sind und die breite Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern war die Lösung.“ So könne sich der Vorstand heute seiner eigentlichen Aufgabe widmen: gemeinsam mit Chorleiter Jürgen Fassbender Zukunftsperspektiven für den Chor zu entwickeln, sagt Müller. Es folgte der Start einer Kampagne — „Faszination Männergesang" — im Januar dieses Jahres.
Zeitgemäße Männerchorliteratur, konzentrierte und effektive Probenarbeit sowie Stimmbildung, die im Männerchor allerdings bereits seit vielen Jahren praktiziert wird, haben in Plaidt den „Turnaround“ schlussendlich möglich gemacht. Durch die Summe der Maßnahmen ist der Chor heute wieder 47 Sänger stark. Und mit 42 Männern erlangte der Männerchor Plaidt am 5. November in Wissen zum fünften Mal das Prädikat „Meisterchor im Chorverband Rheinland-Pfalz“.
Letztlich ist der Erfolg und die Qualität eines Chores eng mit dem Engagement, der Qualität und der Weitsichtigkeit der Chorleitung verbunden. Qualitativ gute Chöre werden es immer leichter haben, Menschen für das Singen in ihren Reihen zu begeistern. Dies zeigen auch eindrucksvoll der 45 Mann starke „MGV Liederkranz Berod“ oder der „SonntagsChor Rheinland-Pfalz“, dem seit seiner Gründung beständig mindestens 50 „Aktive“ angehören. Auch diese beiden Chöre, geleitet von Mario Siry, erhielten beim Meisterchorsingen in Wissen durchweg ein „Sehr gut“ in der Benotung. Jürgen Fassbender und Mario Siry gewannen außerdem Sonderpreise für ein besonders spannendes, musikalisches Programm und für die besonders interessante Auswahl eines zeitgenössischen Chorwerkes. Aus dem Singen um das Prädikat „Meisterchor im Chorverband Rheinland-Pfalz“ gingen acht Meisterchöre hervor.
Beim Leistungssingen „Let’s SING!“ für Pop- und Jazzchöre brillierten unter anderem die „Singoritas“ aus Ingelheim unter Leitung von Christel Bieger. Das Frauenensemble beeindruckte nicht nur den Präsidenten mit einer besonders gelungenen Gesamtpräsentation, wofür es einen Sonderpreis gab. Auch die Wertung der Jury war sensationell: mit dreimal 25 und einmal 24 Punkten kratzten die Ingelheimer Damen tatsächlich an der absolut möglichen Höchstwertung, in der Gesamtwertung dicht gefolgt vom „Chor Divertimento“ und „JAZZconVoice“ — beide geleitet von Sylvia und Michael Sauerwald — sowie den „ChoryFeen“ aus Staudt, bei denen Jessica Burggraf den Ton angibt. Insgesamt wurden bei "Let's SING!" fünf Gold- und drei Silbermedaillen vergeben.
Bei beiden Leistungssingen lagen die Wertungen sehr dicht beieinander, so dass Karl Wolff und der Leiter der Jury, Verbands-Chorleiter Michael Rinscheid, den Tag absolut positiv bilanzierten. So sahen dies auch die beiden anderen Jurymitglieder Claudia Rübben-Laux und Gerd Zellmann. Mit guten und sehr guten Leistungen überzeugten alle teilnehmenden Chöre die Jury und das anwesende Publikum.
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„Chorcoaching und Chorqualität“ wurden im moderierten Programmteil, nach Abschluss der Wertungssingen, besonders thematisiert. Der Chorverband Rheinland-Pfalz pflegt hierzu eine Liste mit ausgewählten Dozenten, die über die Geschäftsstelle bezogen werden kann. „Wir haben hierzu auch ein Budget zur Förderung des Chorcoachings festgelegt“, warb Michael Rinscheid für das nun endlich flächendeckende Bildungsangebot des Chorverbandes. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und kann von den Vergünstigungen profitieren.“
Stimmbildung, Bühnenpräsenz, Choreografie sind nur einige Bereiche, die dazu beitragen sollen, dass das Chorsingen seine ureigene Aufgabe erfüllt: das Publikum auf allerbeste Weise zu unterhalten und mit Qualität zu überzeugen.
Es gibt noch mehr Neues: die Leistungssingen werden ab 2018 nach neuem Konzept durchgeführt. So werden das Leistungs-, Konzert- und Meisterchorsingen gemeinsam an einem Wochenende im Frühjahr durchgeführt. In der Auftrittsfolge werden sich dabei Chöre aller Leistungsstufen abwechseln. „Wir versprechen uns dadurch wesentlich mehr Spannung, vor allem sehen die Meisterchöre auch, auf welch‘ hohem Niveau bereits in den Stufen eins und zwei gesungen wird.“ Es soll bei den Leistungssingen zudem eine neue Kategorie für die immer größer werdende Anzahl an Vokalensembles eingeführt werden.
„Alle unsere Maßnahmen, ob bereits umgesetzt oder noch in Planung, dienen einem Ziel: durch Qualität und neue Konzepte das Singen im Chor für potenzielle neue Sängerinnen und Sänger attraktiv zu machen das Singen als solches wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken und eventuelle Hemmschwellen abzubauen. Wir wollen den Einstieg ins Chorsingen vereinfachen und vor allem den ‚Sängernachwuchs‘ in den Schulen fördern.“